Ein neues Fahrzeug entsteht

  • Immer wieder kommt die Frage auf, wie kompliziert es ist, ein neues Fahrzeug zu erstellen. Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, weshalb ich einfach mal einen Einblick in meine "Werkstatt" geben möchte. Beim Zeichnen der Ae 6/8 bzw. Be 6/8 habe ich diverse Zwischenschritte festgehalten um euch die Entstehung eines neuen Fahrzeuges zu zeigen. Doch bevor mit dem Zeichnen begonnen werden kann, benötigt man erstmal viele Informationen.

    Schritt 1: Was will ich eigentlich erstellen?

    Grundsätzlich stellt sich als erstes die Frage, was will ich überhaupt zeichnen. Will ich nur ein einzelnes Fahrzeug erstellen? Will ich eine gesamte Fahrzeugfamilie erstellen? In welcher Epoche will ich ein Fahrzeug erstellen?

    In meinem Beispiel: Ich möchte die Ae 6/8 in allen möglichen Varianten von der Ablieferung bis zum heutigen Zustand als historisches Fahrzeug erstellen.

    Schritt 2: Informationen beschaffen

    Um eine massstabgetreue Zeichnung zu erstellen werden viele Informationen benötigt. Das wichtigste sind Baupläne und Skizzen. Pläne von älteren Fahrzeugen findet man häufig in den Weiten des Internets. Skizzen mit Massangaben findet man häufig in Büchern. Bei moderneren Fahrzeugen ist die Beschaffung von Plänen eher schwierig. Fahrzeughersteller stellen diese teilweise auf ihren Internetseiten zur Verfügung. Ausser den Längenangaben sind dort aber normalerweise keine weiteren Massangaben zu finden. Eine Anfrage beim Kundendienst des entsprechenden Verkehrsunternehmen kann manchmal wunder wirken und man erhält detaillierte Typenskizzen.

    Will man, wie ich bei der Ae 6/8, eine ganze Fahrzeugfamilie zeichnen, kommt man nicht an Fachliteratur vorbei. Informationen zu Umbauten, geänderten Anstrichen, etc. findet man häufig nur dort. Allfällige Jahrzahlen können sich jedoch von Buch zu Buch unterscheiden. Immer mehr Informationen sind aber auch im Internet frei zugänglich. Gerade Fachforen sind manchmal eine wahre Fundgrube.

    Ebenfalls sehr wichtig sind Fotos der zu zeichnenden Fahrzeuge. Und zwar viele davon. Auf Plattformen wie Flickr sind heute Bilder von fast allen Fahrzeugen zu finden. Egal ob historisch oder modern. Nicht ganz so einfach zu finden sind normalerweise Detailfotos. Ist ein Fahrzeug noch regelmässig auf dem Schienennetz anzutreffen, können Detailfotos problemlos selber gemacht werden. Bei historischen Fahrzeugen ist dies schwieriger. Ist ein Fahrzeug bei einem Verein noch erhalten, kann dort für Fotos angefragt werden. Evtl. wird einem sogar erlaubt, selber Fotos machen zu gehen. Vereine würden sich in diesem Fall sicher über einen kleinen Zustupf in die Vereinskasse freuen.

    In meinem Beispiel: Ich verfüge inzwischen über eine grosse Bibliothek zum Thema BLS. So konnte ich die meisten Informationen aus entsprechenden Büchern rausfinden. Daneben halfen mir unzählige Fotos von Flickr, Drehscheibe-Online und weiteren Internetseiten, welche sich mit dem Thema Eisenbahn beschäftigen.

    Schritt 3: Grundlagen

    Bevor mit dem Zeichnen begonnen wird, gibt es ein paar Grundlagen und Stadards, welche bekannt sein sollten. Der Massstab ist 1 Pixel entspricht 10cm. Gerade kleinere Details sind dadurch schwierig darzustellen. Ich arbeite hier mit Teiltransparenzen. Sprich: Eine gelbe Stange mit einem Durchmesser von 5cm zeichne ich mit einer Deckkraft von 50%. Ob dies am Ende passt, wird man herausfinden. Sieht es im Gesamtbild nicht stimmig aus, kann man jederzeich nachbearbeiten.

    Bei Puffern ist zu beachten, dass diese immer auf der gleichen Höhe liegen. Als Standard wurde definiert, dass sich 8 Pixel unter dem Pufferteller befinden. Ähnliches gilt für Bremsschläuche und sonstige Kabel. Hierzu hilft es, ein bereits existierendes Fahrzeug daneben zu stellen.

    Nicht zu unterschätzen ist der Schattenwurf. Es wurde definiert, dass sich die Sonne immer in der oberen, linken Ecke befindet. Der Sonnen zugewandte Teile sind also heller, als der Sonnen abgewandte Teile. Gerade bei abgerundeten Fronten und vorstehenden Kästen ist dies relevant.

  • Schritt 4: Zeichnen

    Untenstehende Bilder wurden zur besseren Erkennbarkeit 4fach vergrössert.

    Nun kann das eigentliche Zeichnen beginnen. Meine Fahrzeuge zeichne ich in Photoshop. Dort stehen mir viele hilfreiche Tools zur Verfügung. Ebenen und Teiltransparenzen möchte ich nicht mehr missen, sie machen vieles einfacher. Trotzdem zeichne ich die Fahrzeuge weiterhin auf einem schwarzen Hintergrund. Diesen kann ich jedoch jederzeit ausblenden. Zum Starten habe ich eine Vorlage, bestehend aus mehreren Zeilen Fahrbahn, Fahrleitung und schwarzem Hintergrund. Alle als seperate Ebene.

    In die erste Zeile füge ich nun die passend verkleinerte Skizze ein. Diese ergänze ich mit ähnlichen bereits existierenden Fahrzeugen. Dies dient dazu, passende Farbtöne zu finden und allenfalls zu schauen, wie andere ein bestimmtes Problem gelöst haben. Niemals werden Teile dieser Fahrzeuge verwendet. Will man dies tun, sollte man mit dem Originalautor Kontakt aufnehmen und um Erlaubnis bitten.

    Die eingefügte Skizze wird in knalligen Farben vermessen. So werden Fahrzeuglänge, Fahrzeughöhe und Mittelpunkte der Räder markiert.

    Als nächstes werden die groben Formen gezeichnet. Überlagernd ist die Vermessungsebene weiterhin sichtbar. Beim Kasten habe ich erste Versuche mit passenden Farbverläufen gemacht.

    Inzwischen kann die weisse Skizze und die Vermessungsebene ausgeblendet werden. Erste Details kommen hinzu.

    Nach und nach kommen immer mehr Details hinzu. Die Farbverläufe an der Front wurden überarbeitet. Erste Aufbauten sind erstellt und man kann langsam erkennen, was es irgendwann geben sollte.

    Der Unterbau wurde inzwischen vervollständigt und gegenüber der ersten Version noch etwas angepasst und verfeinert. Zudem wurden erste Versuche unternommen, das Dach zu gestalten.

    Das Dach wurde überarbeitet und weitere Details ergänzt. Zudem ist eine erste Version eines Stromabnehmer entstanden.

    Auch die zweite Seite der Lok ist inzwischen entstanden. Dazu reicht es natürlich nicht, die Lok einfach vertikal zu spiegeln. Viele Details müssen gedreht und angepasst werden.

    Die Lok sieht soweit eigentlich fertig aus. Zeit also mit den weiteren Varianten zu beginnen. Als erstes habe ich mich an die Variante Be 6/8 bei Ablieferung gekümmert. Diese unterscheidet sich durch einen eckigen Kasten von den den späteren Varianten.

    Schon während dem Erstellen der ersten zusätzlichen Variante bemerkte ich diverse Sachen, welche nicht stimmten oder passten. So gab es während dem Erstellen der weiteren Varianten unzählige Änderungen an der oben gezeigten Lok. Die definitive Lok hat ausser dem Fahrgestellt nicht mehr viel mit der oben gezeigten Version zu tun. Neben vielen kleinen Details wurden auch der Kasten und das Dach quasi neu erstellt. Gewisse Fehler habe ich erst bemerkt, als eigentlich schon alle Loks fertig waren. So mussten diese an jeder einzelnen Lok angepasst werden. Am Ende hatte ich dann 27 Verschiedene Loks auf meinem Arbeitsplatz. Eine kleine Auswahl zeige ich euch hier in vergrösserter Form.

  • Schritt 5: Veröffentlichen

    Ist ein Fahrzeug einmal fertig gezeichnet, möchte man dies auch anderen zur Verfügung stellen. Wie das geschieht, kann grundsätzlich jeder für sich entscheiden. Ich beschreibe hier, wie ich dies mache. Bei der Ae 6/8 hatte ich am Ende 27 Loks von jeweils beiden Seiten. Alle zusammen haben über 1000 einzelne Ebenen. Als erstes habe ich diese in eine einzelne Ebene verschmolzen. Anschliessend jede Lok als eigene Ebene ausgeschnitten und entsprechend benannt. Photoshop bietet so die Möglichkeit am Ende die Ebenen als PNG-Datei zu exportieren. Dies dauert keine Minute.

    Damit ist die Arbeit jedoch noch nicht getan. Es müssen noch Bilder für die gesenkten Stromabnehmer, die geöffneten Bremsschläuche und die animierten Räder erstellt werden. In meinem Fall habe ich für den Unterbau jeweils 4 unterschiedliche Varianten erstellt mit unterschiedlich gedrehten Rädern.

    Zum Abschluss sollte dann noch eine kurze Readme-Datei erstellt werden. Dort gehört eine Beschreibung der Fahrzeuge rein, sowie welche Dateien vorhanden sind und wie diese allenfalls zu verwenden sind. Ebenfalls können hier Copyright-Hinweise eingefügt werden.

    Verpackt als ZIP-Datei kann das neu erstellte Fahrzeug anschliessend veröffentlicht werden. Zum Beispiel hier im MM-Forum oder auf der Bahnschranke (siehe Links). Die Fahrzeuge sollten ebenfalls Zoltan für die Verwendung in der umfassenden Traffic-Datenbank zugestellt werden.

    Eure Ergänzungen

    Gerne bin ich nun gespannt auf eure Ergänzungen und Hinweise. Etwas unklar? Einfach Fragen!

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